Samstag, 17. März 2018

Offener Brief an Herrn SPAHN (CDU-Gesundheitsminister)

Herr Spahn fiel auf, weil er sagte, Hartz IV sei keine Armut (was für sich genommen viele Menschen, teilweise auch Hartz-kritische) teilen im internationalen Vergleich. Er meinte, die Tafeln seien nicht vonnöten. Darauf forderte ihn Sandra S. heraus, selber einen Monat in Hartz IV zu verbringen.

Mein offener Brief:

Richtig Herr Spahn - 

Hartz IV ist nicht Armut, sondern systematische Entrechtung, die auch schon zu Todesopfern führte

Ich schließe mich zwar der Petition von Frau Sabine S. auf change.org an: https://www.change.org/p/13044692

eigentlich bin ich für die Senkung der DIÄTEN auf Hartz IV- Niveau -


aber ich wurde nicht in den Bundestag reingewählt und beziehe diese "Spar-Diät" weiter außerparlamentarisch - verrechnet mit meinen Nebeneinnahmen  - also anders als wenn ich Politikerin wäre und niemand meine Nebeneinnahmen deckeln würde ;-P



Begründung meines Vorschlages:
Will ein Politiker eine höhere Diät, muss er es FÜR ALLE wollen, also auch für die Ärmsten - will er weniger, muss er selber bereit sein, damit auszukommen.
Wir hätten kompetente Politiker, die sich mit den basalen Fragen der Existenzsicherung auseinandersetzen würden ohne dabei rein in der Theorie Vorschriften zu machen, wie "andere es besser machen könnten".

Gern gebe ich mich dazu als Probandin her - inkl. meiner Erfahrungen aus gut 10 Jahren Hartz IV Leistungsbezug.

Sozialverbände fordern derzeit mitunter satt 400 eher 700 EUR - dem schließe ich mich an.
Inkl. aller daraus folgenden Auswirkungen auf gerechte Löhne bzw. Mindestlohnerhöhungen, um das Lohnabstandsgebot im heutigen "Sozial"system einzuhalten.

Armut und soziale Ausgrenzung? Mit einem bedingungslosen Grundeinkommen würde das nicht passieren!

Ich finde es übrigens auch beschämend, dass Tafeln existieren müssen. Von denen werden zunehmend Leute ausgeschlossen, etwa Obdachlose, die sich nicht unter das Diktat von Hartz IV begeben.
Einfacher wäre eine Lebensmittelrettung wie in Frankreich, wo man das Essen nachts auf die Straße stellt und morgens nur das entsorgt, was nicht abgeholt wurde. Ohne Kontrolle von Bedürftigkeit.

Es ist überhaupt beschämend und Zeugnis sehr großer (sozialer und kultureller) Armut, dass unsere Gesellschaft sich immernoch im Überlebenskampfmodus befindet anstatt die technischen Errungenschaften und emanzipatorischen Gedanken wirklich zu leben, für die immer wieder in kleinteiliger Mühe geackert wurde.
Dieser Planet erzeugt mehr Nahrungsmittel als die Menschheit wegfressen kann, selbst wenn sie wählerisch mit ihrer Nahrung ist. Massenhaft wird das Essen in die Ozeane gekippt und Millionen von Menschen hungern - wegen des Diktats von Geld und Profit - einem Teufelskreis, dem nicht durch Mildtätigkeit beizukommen ist, sondern nur durch eine Neudefinition der Grundrechte.

Natürlich bin ich nicht "arm" - bin ich doch ein Kind dieser Erde und habe naturbedingt das Anrecht, einen Teil der Ressourcen meines Heimatplaneten zu nutzen - scheiß egal wer da sein "gehört mir" Logo vor mir draufgeklebt haben mag und mich dadurch in den "freiwilligen Dienermodus" oder zumindest ein Schuldgefühl drängen möchte, wenn ich zu den "finanziell Unerfolgreichen" meiner Peergroup innerhalb meines Kulturkreise oder Wohnortes gehören sollte.
Arm IST man nicht angesichts einer reich beschenkenden Natur und angesichts toller Vorarbeit anderer Generationen - arm wird man GEMACHT.
Ja, heute hat fast jeder ein Smartphone - auch die Menschen in Tansania oder Bangladesh benutzen so etwas - aber das heißt nicht, dass damit grundsätzlcih das Leben aus dem "Notfallmodus" für die Mehrheit der Menschen herausgekommen ist, der besagt:

 "ackere und kämpfe um dein Überleben - gefalle den Mächtigen (unmittelbar über Dir), sei einer der Besten (mit Macht über Leute unter Dir) oder gib Dich mit (ganz) wenig zufrieden. Sei froh, wenn Du nicht dort lebst, wo die Ausbeutung noch grausamer zu spüren ist, sondern in einer Zone dieser Welt, in der körperliche Schwerstarbeit wegdelegiert wurde - Outsourcing in Regionen, in denen Kinderarbeit erlaubt ist... DORT sind die Leute ARM, also sei DANKBAR hier bei uns geboren oder aufgenommen worden zu sein...
Du hast hier ein Handy und Strom - aber ohne dem könntest Du Dein Leben auch nicht mehr organisieren, ohne komplett auszusteigen. Wenn Du aussteigen willst - so mit Wildnis und so - dann finde erstmal irgendwo einen Wald, der von niemandem beansprucht oder "verregelt" wird, in dem Du dich selber wie in der Steinzeit versorgen darfst. Eben, es ist einfacher im Verbund zu kämpfen - sprich sich die Arbeitsbedingungen gefallen zu lassen oder untertänigst nur das Hartz IV zu nehmen, was man nicht durch freiwillige Selbstaufopferung oder Verzicht vermeiden kann. Natürlich darf man den Verzicht nicht sehen - Du musst immer attraktiv auf potentielle Arbeitgeber erscheinen -also schlafe nicht, nur schaue ja niemals unausgeschlafen aus der Wäsche."

(Generelles) Gehetzt sein im Leben wurde und wird übrigens auch schon von (afrikanischen) Kulturanthropologen, die Europa von außen betrachteten, als schlimme Form von Armut betrachtet, auch wenn scheinbar Materie im Überfluss da ist - gemessen im Internationalen Vergleich.
Bin ich jeden Monat mit Obdachlosigkeit bedroht, ist das was anderes, als wenn ich in unkündbarem meinetwegen sogar etwas windschiefen Eigentum bescheiden eingerichtet bin mit Technik von Vorgestern - das Haus aber nicht unter dem Hintern verliere, wenn ich nicht mehr "benutzbar" bin für Geldgeber.

Es gibt unzählige Menschen, die mathematisch "ärmer" sind als ich, einfach weil sie mehr SCHULDEN haben. Es gibt Lebensstuationen - Geringverdiener und HartzIV-Betroffene gehören oft dazu - wo basale Ausgaben monatlich das verfügbare Einkommen übersteigen.
Wo beständig Verzicht spürbar ist - Kinder mitunter hungrig in die Schule gehen. Die Tatsache, dass ein Lebenskünstler es schafft, sogar auf Bio-Niveau, heißt nicht, dass das allen zuzumuten ist! 
(Geht der Lebenskünstler offen damit um oder "kommt es heraus", wird ihm das ggf. als geldwerter Vorteil angerechnet und er bekommt weniger von seinem Regelsatz ausgezahlt. Etwa wenn er Pfandflaschen sammelt oder Essen bei der Arbeit kostenlos erhält.)

Wenn Sie mit Frau Sandra S., der Petentin von Change.org einen (hoffentlich fair produzierten) Kaffee trinken, bin ich gern dabei.
Ich frage mich nur, ob das ggf. - falls ich mal wieder sanktioniert werden sollte- mit Lebensmittelgutscheinen möglich ist.

Wie stellen Sie sich DAS übrigens vor, wenn jemand einmal komplett oder anteilg sanktioniert wurde?
Ist man "arm", wenn man Sanktionen eingefangen hat?
 In welcher Einkommenshöhe muss man liegen, um als "arm" zu gelten in Ihrer Auffassung?
Und wer ist "für die letzte Grundversorgung" zuständig?

Und ja, Herr Spahn, diese Sanktionen können auch ("aufstockende") Berufstätige wie mich treffen.
Ich hatte schon 180% Sanktionen - und sollte meinen gesamten Verdienst anders als im "unsanktionierten Zustand" vorrangig in die Miete stecken - und Lebensmittelgutscheine für meine Ernährung nutzen. Wovon Strom und Betriebsausgaben für die Ermöglichung der Arbeit bezahlen?
Teilen Sie die Ansicht aus der Praxis mancher Jobcenter: Völlig Wurst - denn STRAFE muss sein?!

Mit herzlichem Dank für eine detaillierte Antwort oder einen Terminvorschlag an Frau S. (und gern auch mich),

FriGGa Wendt (die Hartzerin, die nicht im Sexshop arbeiten wollte und dazu den gesamten 18. Deutschen Bundestag anmailte)

freiberufliche Bildungsträgerin
außerparlamentarische parteilose Politikerin  - "ihre-Spiegelhalter.de"

Und auch für Sie mein Inserat:

"Hiermit bewerbe ich mich als Nachhilfelehrerin für Grund- und Menschenrechte in der Praxis : für den Bundestag, Gerichte, Jobcenter und andere Behörden."

Buchungsanfragen jederzeit möglich - Honorar verhandelbar ab Fahrtkosten + Mindestlohn

5 Kommentare:

  1. Arm? Mut - Los!
    Wollen wir vielleicht im schnuckeligen Bärlin eine Verhandel-Bar eröffnen?
    Tja, Fördergelder habe ich schon damals nicht bekommen, als ich noch zur Verwert-Bar, ins Jobcenter, musste...
    Vielleicht bekommst Du ja Fördergelder; musst die vielleicht nur beantragen, mit nem passgerechten Businessplan...
    Viele Grüße aus Bärlin, nahe beim größten Jüdischen Friedhof Europas...

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  2. Wir haben so kluge Leute, welche das Herz und die Schnauze am rechten Fleck besitzen. Aber im Bundestag sitzt die ärmliche Auslese ohne Verständnis für simple Zusammenhänge.

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  3. Mittlerweile hat Herr Spahn der Petentin Sandra S. geantwortet, dass es wohl nur eine konkrete Terminfindung braucht! Ein erstes Gespräch ist noch keine Komplettsystemumwälzung, aber ein Anfang, es MITEINANDER zu tun! "Decke mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde" - dieser Satz möge in diesen Zeiten immer wieder aufleben!

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    1. Da wäre ich in der Sache lieber nicht zu optimistisch.
      Der macht das u.U. glatt wahr, indem er sich vielleicht z.B. für einen Monat auf eine Almhütte in den Bergen von ´nem Freund oder so verfatzt – mit 400 Euro in der Tasche – und verbucht das dann für sich als einen Selbsterfahrungstrip, eine innere Einkehr, und empfindet das dann als eine vielleicht sogar ganz schöne und heilsame Erfahrung (die jeder mal machen sollte) !?! :-/ (Und olle Sarrazin kann sich wieder amüsieren !)

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  4. Äh - liebe Frigga - das Wesen dieser “Diät“ von den Politikern verstehst Du ganz falsch.
    Diese “Diäten“ die die Politiker bekommen, sind die (finanziellen) Diäten der Bürger - an die Politiker.
    Also - die “Diät“ MACHEN die Bürger (!) - die die Politiker in der Regierung dann BEKOMMEN :-/ !
    Also so wie wenn z.B. ich eine Diät mache, und Du bekommst all das was ich nicht zu mir nehme.

    Das ist ungefähr so wie mit dieser Behauptung „alles wird gut“.
    Da z.B. muss man dann immer fragen „für wen?“!

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