Grundeinkommen - und keiner geht mehr arbeiten

Das bedingungslose Grundeinkommen - 

und kein Mensch geht mehr arbeiten


utopische Szenen


man stelle sich vor: jeder Mensch bekommt eine ausreichend hohe Grundsicherung... und es ist nicht notwendig zu arbeiten...
und da wir alle nicht nur BEQUEM sondern auch bescheiden sind, REICHT uns allen das BGE etwa auf HartzIV-Höhe+Miete und Krankenkasse....

(soweit gehen gängige Vorwürfe - immer "alle" machen das gleiche, verhalten sich unsozial, sind faul - wie weit geht die Faulheit? Heb ich meinen A. hoch um zum Klo zu gehen? Spüle ich runter, weil's mir stinkt? Was mache ich, wenn dank fehlender technischer Wartung das Wasser nicht fließt? Und wo besorge ich mir Essen?)

SPRICH: wer versorgt uns - wo können wir das BGE überhaupt ausgeben, wenn "KEINER MEHR ARBEITET"?

Wird dann auch kein HANDEL mehr betrieben?
 So dass die Regale leer sind?
Oder sind die Regale nur deswegen leer, weil keiner sie (für einen Dumpinglohn) mehr füllt?

Nimmt der Kaufmann, der letzte, der es noch erstrebenswert findet, trotz seines BGEs in Erwerbsabsicht "tätig zu sein", jetzt einfach horrende Summen für seine Ware - weil er einfach ohne tatkräftige Unterstützung allein gar nicht die letzten gelieferten Waren von vor einem Tag, als es noch kein BGE gab, in seine Verkaufsregale räumen kann?

Jetzt drängt es sich um seinen Laden und die Leute wollen alle was kaufen - gemach gemach... ich bin nicht so schnell... wenn hier einer was zu essen kaufen will, muss man mir helfen.

"Ich habe beschlossen nie mehr zu arbeiten," sagt einer.
"Ich auch," ruft ein anderer.
Und die Menge wartet und will sich bedienen lassen.
Der Kaufmann indessen schwitzt beim Herausholen der Waren, beim Auspacken, beim Kassieren.... wir nehmen mal an, die Meute ist beruhigt durch das in voller Höhe ausgezahlte BGE nicht gedrängt, ihn oder jemand anderes auszuplündern.
Die Mehrheit der grundfaulen Säcke bleibt einfach stehen oder sitzen... man muss anfangen sich seine Bierchen zu teilen, bis die nächsten Kisten hochgetragen sind.

Der Kaufmann hat deutlich die Preise erhöht - für so viel Puckelei und so viel Begehrtheit muss er das einfach machen. Er hat ja als einziger Erwerbstätiger weit und breit einen enormen Standortvorteil und
ein Alleinstellungsmerkmal.
Doch als er schon 5 Stunden pausenlos am Ackern ist und die Schlange der faul vor dem Laden herumlungernden Leute nicht kleiner wird, kommen ihm allmählich Zweifel.

Was mache ich mit dem vielen vielen GELD? Das hat doch gar keinen Wert, wenn niemand einen Finger krumm machen will... Geld ist doch nicht nur zum Einkaufen - sondern es lockt doch für gewöhnlich, dass Leute Dinge herstellen, die dann andere ihnen ABKAUFEN können...
langsam fühlt sich der Kaufmann verarscht, weil er für wertloses Papier, das womöglich im nächsten Monat nichtmal einer ordnungsgemäß verwaltet und wieder zum Einkaufsspiel umverteilt, arbeitet...
er will statt dessen lieber Dientleistungen haben!

Mein Rücken tut weh, ächzt er. Wer heute noch was kaufen will, muss mir erstmal den Rücken massieren!
Etliche Leute gehen heim. Das Bier reicht noch, die Schrippen sind zwar von vorgestern, aber man kann sie aufbacken.
Andere Leute, viele Eltern mit kleinen Kindern, sind schon lange gegangen. Sie haben das versoffene Herumgewarte nicht ausgehalten und lieber mit ihren Sprösslingen Pilze gesammelt und Äpfel geerntet.
 Damit kommt man wenigstens durch den Abend und das ist auch gut die die Zähne der Kleinen, wenn es keine Schokoriegel gibt - das Protestgeheule der Kinder war hauptsächlich für die eigenen Eltern unerträglich...

Eine ältere Frau schaut den Verkäufer an.
"Sie wollen eine Rückenmassage haben? Ich war mal Physiotherapeutin," sagt sie. "Damals, als ich vor meiner Berufsunfähigkeit noch praktiziert habe...
aber mein Kühlschrank ist leer..."
"Mein Kühlschrank ist schon abgestellt," ruft ein junger Mann mit Rastazöpfen "die Elektriker, die heute den Strom in unserem Hausprojekt wieder anschließen wollten, sind nicht gekommen."
"Haben vermutlich Grundeinkommens-frei," denkt sich ein älterer Mann mit Bier in der Hand, das er jahrzehntelang als gelernter Elektriker immer erst nach Feierabend hatte trinken dürfen.
Soll der junge MöchtegernPoet und Langzeitstudent doch selber lernen, wie man die Kabel im Sicherungskasten anschließt... steht doch heute alles im Internet...
der junge Mann meint, das ersetze keine fundierte Ausbildung... der gelernte Elektriker bestätigt das, aber einen wie ihn hätte er auch niemals ausgebildet. Er sei viel zu faul... "Wirklich," fragt der junge Mann.
"Und was arbeiten Sie denn heute mit Ihrem Grundeinkommen?"

Kommen wir zum Verkäufer und der Physiotherapeutin zurück.
 Diese möchte sich zu gern mal wieder versuchen - schließlich hat sie sich mal aus Liebe zum Beruf für die Physiotherapie entschieden.
 Auch ihre Bandscheibenvorfälle, die ein regelmäßigen Praktizieren verhindert haben, halten sie jetzt nicht davon ab, etwas für ihr Abendessen zu tun.
 Sie kümmert sich um den Rücken des Kaufmanns.
Eine halbe Stunde später ist dieser etwas relaxt.
Er sagt zu den verbliebenen Kunden:
"Ich verkaufe jetzt nur noch Käse, Zahnpasta und Reis - alles andere ist im Keller und wer was davon kaufen will, muss es hochtragen."

"Hey, ich will Preisnachlass - kann doch nicht sein, dass man hier arbeiten muss..."
"Hey, wieso nicht arbeiten, sagt eine junge Frau, die mal in einer Gewerkschaft war.
"Der Kerl muss es nur ordentlich bezahlen! Also Preisnachlass UND Mehrgewinn für das, was man für ihn tut!
Ich bin sofort dabei- wenn Sie wollen - aber für mindestens 10 EUR die Stunde..."
Der Kaufmann willigt ein.
Jetzt wollen auf einmal andere der jungen Frau helfen.
Sie haben sich ausgerechnet, dass ihr Bier wesentlich billiger wird, wenn sie es selbst aus dem Keller holen.
Die Mathe-Nachhilfelehrerin vor der Tür, die ihnen dabei geholfen hat, sagt:
"Ja typisch, die streichen jetzt die Extrakohle ein, meine geistige Hilfe, mein Weitersagen, mein Befähigen zum eigenen Denken, wurde mal wieder nicht gesehen... gut dass ich wenigstens mein Grundeinkommen habe und heute noch bedient werde..."
Sie holt sich ihre Kartoffeln und ihre Lasagnesoße aus dem Laden - Fleisch ist nicht da...
"das muss immer frisch sein, und heute hat wohl auch kein Schlachter gearbeitet", erklärt der Kaufmann.
Super, ruft eine eingefleischte Veganerin voll Freude! Ich habe immer gesagt, dass das Grundeinkommen den Tieren guttut.
Ein brummeliger Fleischesser und seine Frau verziehen das Gesicht. Kein Fleisch mehr?
Müsst Ihr wohl selber jagen gehen, sagt der (weiße) Hausprojektler mit den Rastazöpfen.
"Aber Du, Du brauchst doch Strom," fragt der angetrunkene "gestern noch Elektriker".
"Nö, werde eben lernen ohne sowas zu leben..."
"Ich nicht," sagt die Fleischesserehefrau. "Und bei mir ist die Solaranlage im Garten auch ausgefallen. Es kommt ja keiner zu den Wartungsarbeiten. Und nach Haus in meine Wohnung mit Lekker-Strom kann ich nicht fahren - die ist 30 km entfernt - Bus und Bahn fuhren heute nicht."
Der Elektriker bietet sich sofort an, nach der Anlage zu sehen.
Doch auch ein anderer Mann ruft von fern: ich kann Euch mit dem Auto irgendwo hinfahren! Wenn kein Bus fährt, pendel ich jetzt täglich!
Wo soll es denn hingehen?
Etliche Leute wollen von der Kleinstadt in die nächstgelegene Großstadt.
Man fragt sich, ob man nicht einfach gemeinsam einen Bus nehmen soll, der am frühen Morgen einfach vom "gestern noch Busfahrer" stehengelassen wurde.
Die kleine Mandy, 10 jahre alt, möchte auch mal selbst fahren.
Sie hat genausowenig einen Führerschein für ÖPNV wie der hilfsbereite Kraftfahrer - aber auf den Straßen ist nicht viel los, weil ja kaum einer zur Arbeit gefahren ist heute.
Die, die da waren, wollten ja alle eigentlich nur kündigen...
und die Eltern wollten ihre Kinder in der KiTa gleich abmelden... was am nächsten Tag schon anders aussieht, wenn der Nachwuchs sich zu Haus langweilt. Die KiTaerzieherin hat endlich Zeit für ihr eigenes Baby, das sonst immer bei der Oma war und abgepumpte Milch trank.
Oma aber wittert, dass es was zu verdienen gibt.
Sie geht in die ausgediente KiTa und trifft auf Eltern, die sich an die Regelmäßigkeit der Kinderbetreuung gewöhnt hatten.
Sie nimmt den erstbesten 5 die Betreuung ab, nachdem die Kinder sich vor ihr weder gruseln noch ihren Eltern hinterherweinen. Solche Kinder nämlich lässt sie gleich bei deren Eltern.
Doch einige Eltern bleiben bei ihren Kindern in der KiTa - ohne Arbeit ist ihnen langweilig und so spielen sie miteinander oder ihren Kindern in den Räumen der KiTa.

Es kann jetzt noch viel mehr passieren - sicher auch Raub und Mord irgendwo... doch sind wir faulen Säcke dazu nicht alle zu faul?

Wer keine Freundin oder keinen Freund hat, balzt den ganzen Tag...
die anderen vögeln oder träumen glücklich in den Morgenstunden... bis sie merken, was an wertvoller Arbeit getan werden muss... und dann müssen sie es wohl oder übel selbst machen, andere gut bezahlen oder ohne dem auskommen lernen.

... und: MORGEN ist auch noch ein TAG...

Eine andere Szene aus der großen Stadt.

F. wacht auf. Es ist 11:30, sie hat nach der Feier, dass es endlich BGE gibt, wofür sie sich jahrelang eingsetzt hat, mal wieder ausgeschlafen. Bevor sie nachschauen will, ob das BGE wirklich schon auf ihrem Konto ist, will sie aber den Partymüll herunterbringen. Sie schnappt ihre Müllbehälter und sucht die Tonnen auf. Eine Tonne - die für Plastik - ist schon extrem voll.
Da passt nix mehr rein.
Sie überlegt. Bei mir oben waren es die Gäste, die den Müll an den dafür vorgesehenen Platz gebracht haben... als es zu viel Müll war, war es meine Aufgabe und ich habe ihn weitergereicht an den Ort, wo andere in jetzt abholen sollten.... doch keiner kommt und holt ihn.
F. hat sowieso Lust auf eine Radtour und radelt zum Recyclinghof. Da ist wirklich keiner da heute!
Die haben alle BGE, schlafen aus oder stehen bei Läden an - wo vermutlich keiner was verkauft?
F. ruft alle möglichen Freunde an-  irgendwer kennt irgendwen der irgendwie weiß, wo bei der Müllabfuhr der Schlüssel für ein Müllauto zu finden ist und da er zu bequem ist, selbst vorbeizukommen, beschreibt er F. wo das Müllauto steht und wie sie es anlässt.
F. manövriert es auf die Straße und fährt weil sie noch nie so ein Auto gefahren hat, fast gegen einen Baum.
Da taucht M. auf. Er liebt es Autos zu fahren - um so größer um so besser.
M. galt immer als chronischer Arbeitsverweigerer. Doch verweigert er nie seine Leidenschaft.
Er ist nur eben noch eine Stunde später erst aufgestanden und musste zum Recyclinghof laufen, weil seine Bahn nicht gefahren ist und er auch kein Fahrrad hat.
M. und F. fahren jetzt zum Müllplatz neben F.s Wohnung.
Dort haben sich noch größere Berge angesammelt an Müll - denn anderen Leute sind jetzt auch im Aufäummodus - viele haben es gern reinlich und übersichtlich in den kleinen Neubauwohnungen und wer was auf die Straße wirft, bekommt Mecker von FenstergucknachbarInnen.
M. sagt: so, den Rest müsst ihr selbst machen, ich fass den Müll nicht an.
F. fängt an die Tüten einzusammeln und sich zur Mülltonne vorzugraben. Sie merkt richtig, wie ihre Muskeln dabei wachsen. Alle Leute, die eintreffen, delegiert sie gleich zum Müllauto. Es wird sehr schnell voll.
Bei der Tonne braucht sie etwas hilfe. Sie bittet vorbeikommende Leute, mit anzupacken.
Klar hat keiner Lust, aber ein paar Männer finden es unehrenhaft, einer Frau nicht zu helfen.
Sie schleppen die Mülltonne zum Müllauto und kippen den Müll mit F. gemeinsam da rein.
M. ist inzwischen eingeschlafen am Steuer - die Nachrichten, die sein Smartphone ihm zeigt, sind fast alle veraltet.
F. weckt ihn auf und eine Frau beschwert sich laut über den Gestank.
F. und M. sagen: na dann helft doch mit... Geld holen wir uns später ab... wir hinterlassen einfach eine Rechnung beim Recyclinghof...
Da stehen übrigens genug Müllautos rum... nur falls Ihr den Papiermüll oder die Biotonnen abholen wollt... wir haben heute nämlich keine Lust mehr.
Die gestern noch berufstätigen Leute schütteln die Köpfe.
Dreist, diese Müllfahrer!
Dass die beiden niemals zuvor - zumindst nicht städtisch angestellt- Müll weggeräumt haben und das aber wie selbstverständlich selbstorganisiert tun, gestern noch als "faule Hartzer", "Rententrixer" oder "Scheinselbständige" verschrien waren, als Drückeberger, die am PC die bessere Welt fordern, wissen sie (noch) nicht.
M. und F. fahren den Müll weg und wie dieser in den Kreislauf zurückzuführen ist, interessiert sie heute nicht mehr - darüber machen sie sich vielleicht morgen Gedanken, je nachdem was das Leben ihnen für Aufgaben stellt.
Dafür steht M. Nummer zwei schon parat - er belehrt die Leute von seinem Fahrrad aus, dass es ohne Plastik dieser vielen Umwege, Transportmittel auf Basis von Ölverschwendung nicht bedarf, wenn man einfach auf Plastik so gut es geht verzichtet. Für seine Ratschläge werfen sie ihm zwar kein Geld in seinen Hut und das braucht er auch nicht, weil das unter seiner Würde wäre - aber die Leute, die das gestern noch nicht interessiert hat, die auch gestern dafür noch keine Zeit hatten, sich damit zu beschäftigen, hören ihm immerhin zu. Im TV läuft ja auch nichts außer Rauschen heute - die Straße muss als Unterhaltungsprogramm herhalten.
Jetzt kommt auch D. aus ihrem Gärtchen gradelt und bringt lecker Kartoffeln und Bohnen mit.
Die Leute, die heute erfolglos bei Kaisers und Aldi angestanden haben, zahlen ihr horrende Summen für eine Handvoll Gemüse. Gestern hat man sie noch als obdachlose Schmarotzerin betitelt... auch R. hat sich endlich mal wieder satt gegessen und es hat ihm sehr gut geschmeckt. Die Arbeitsministerin dagegen hat gefastet - die von ihr fortgeführte Agenda 2010 ist gescheitert. Und außerdem ist sie zu faul, irgendwas zu arbeiten, nachdem sie auch keiner mehr braucht...

Ja, wenn alle wirklich am selben Tag faul wären, wäre das eine ganz ganz spannende Erfarung und man würde eben doch ganz schön viel dafür arbeiten müssen - um satt zu werden, es sauber, trocken, stromversorgt zu haben... was die Nachbarn von F. alles geleistet haben, um das Trinkwasser, mit dem sie sich nach der Müllaktion ausgiebig duscht, bis in den 5. Stock zu pumpen, ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden.


MORGEN ist auch noch ein TAG...

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