Samstag, 11. April 2020

Lügenboykott Coronaregeln: als Spiegelhalterin bei der Arbeit und im Einsatz

An den letzten Wochenenden hat es wohl an mehreren Orten Deutschlands Konflikte mit der Polizei gegeben, weil Menschen in hygienesicherer Weise demonstrierten oder anderweitig politische Meinung kundtaten, vor allem in Hinblick darauf, Geflüchtete nicht zu vergessen und andernorts um schlicht weiterhin Grund- und Menschenrechte wahrzunehmen und für die Versammlungsfreiheit selber zu demonstrieren.

Auch Klagen von Rechtsanwält*innen und Grundrechts-Aktiven sind eingegangen bei diversen Gerichten. 
Gerüchte gab es über "Demoaufrufe" zu Freiheit, Grundgesetz u.ä.
Um jetzt als Freiheitsforscherin herauszufinden, was jetzt alles in praxi nicht mehr geht oder bereits verboten ist, stellte ich eine Anfrage an die Polizei über deren Internetwache:


"Darf ich allein als Einzelperson (heute) einen Spaziergang zum Rosa-Luxemburg-Platz machen, wo schonmal Leute demonstriert haben?

Wenn nicht, wie weit darf ich meinen Spaziergang in diese Richtung unternehmen?

  Darf ich ein Grundgesetz als Einzelperson an meinem Rucksack anheften und damit in der Öffentlichkeit herumlaufen zum Einkaufen etc. oder ist das ggef. Eine Provokation, die bestraft wird?"



worauf ich kurz später diese Antwort erhielt:


"Sehr geehrte Frau Wendt,
Ihre Fragen möchte ich wie folgt beantworten:



Darf ich allein als Einzelperson (heute) einen Spaziergang zum Rosa-Luxemburg-Platz machen, wo schonmal Leute demonstriert haben?

Wenn nicht, wie weit darf ich meinen Spaziergang in diese Richtung unternehmen?

Natürlich können Sie als Einzelperson einen Spaziergang auch in Richtung Rosa-Luxemburg-Platz unternehmen. Jedoch sind Versammlungen, Veranstaltungen, Zusammenkünfte und Ansammlungen verboten. Zuwiderhandlungen stellen bei bis zu 9 Teilnehmenden eine Ordnungswidrigkeit und bei mindestens 10 Teilnehmenden eine Straftat nach dem IfSG i. V. m. der EindmaßV dar. Für den Rosa-Luxemburg-Platz gibt es am heutigen Samstag einen räumlich beschränkten Bereich, in dem gefahrenabwehrende Platzverweisungen ausgesprochen werden, um Personenzusammenkünfte zu verhindern. Dieser umfasst als Grenzen im Norden die Saarbrücker Str., im Osten die Prenzlauer Allee und Karl-Liebknecht-Str., im Süden die Münzstr. und im Westen die Schönhauser Allee und Alte Schönhauser Allee. Der Bereich gilt in den angegebenen Grenzen einschließlich der Gehwege.



Darf ich ein Grundgesetz als Einzelperson an meinem Rucksack anheften und damit in der Öffentlichkeit herumlaufen zum Einkaufen etc. oder ist das ggef. Eine Provokation, die bestraft wird?

Es steht dem nichts entgegen, ein Grundgesetz an Ihren Rucksack anzuheften und sich damit in der Öffentlichkeit zu bewegen, solange Gründe zum außerhäuslichen Aufenthalt vorliegen und die geforderten Abstandsgrenzen von 1,5 Metern eingehalten werden. Bitte achten Sie auch darauf, dass andere Menschen ebenfalls den Abstand zu Ihnen Aufmerksamkeit schenken, insbesondere, wenn Sie mit ihnen in den Dialog gehen.





Ich hoffe, Ihnen mit der Beantwortung Ihrer Fragen geholfen zu haben.







Mit freundlichen Grüßen



 ......


Krisenstab Covid-19 der Polizei Berlin

Sachgebiet Öffentlichkeitsarbeit




Da ich aber nicht nur mit den Berliner Corona-Pauschalregeln zu tun habe, sondern im schönen Mecklenburg-Vorpommern nach eingenem Ermessen meinem inneren Sicherheits- Gesundheits- und Arbeitsbegriff in freiem hygienesicherem Zusammenwirken mit anderen nachkomme, habe ich auch dort bei den Verwaltungsgerichten eine Art klage gestartet genauer einen Prozesskostenhilfeantrag gestellt, dem ein Verfahren anhängig ist.
Dies wird als Normenkontrollklage ausgelegt und ich bekam auf die schnelle schon elektronisch ein Aktenzeichen!

Ebenfalls habe ich zwei Schreiben an die Landesregierung geschickt
1) Mitteilung über meinen eigenmächtigen Aufenthalt in MV trotz Kenntnis der pauschalierten Aufforderung, als Nicht-Erstwohnsitzinhaberin das Bundesland zu verlassen.
(da geht es unter anderem um den Arbeitsbegriff - und wer entscheidet, "was gut für einen und für andere ist" - welche "Gründe" aus Sicht von Obrigkeit oder Polizei anerkennenswert seien oder nicht)

2) Antrag auf Sondergenehmigung für meine organisierte Abschiebung mittels PKW (was pauschal mit Berliner Kennzeichen nicht einreisen kann bzw. mit Bußgeldern zu rechnen hätte, wenn es angehalten und nicht "nach einschätzung der polizei" straffrei passieren darf.
Denn Mecklenburg-Vorpommern hat seine "Grenzen dicht" gemacht und verweigert nicht nur "Touristen die Einreise", sondern illegalisiert auch den Aufenthalt von Nicht-Meldetechnischen Mecklenburger*innen dieser Tage.

Der Antrag, in einem PKW mit Berliner Kennzeichen "coronasicher" im engsten Kontaktkreis das Bundesland MV zu verlassen, wurde jedoch abgelehnt. Somit muss(te) ich halt länger bleiben.Das ist das interessante: Gesetze blockieren häufig das, wozu sie beschlossen wurden, indem sie selber dogmatisch umgesetzt werden.

Weil ich im Zuge meiner nicht von oben legalisiert ermöglichten, für meinen Geldbeutel kostengünstigen, Abholgelegenheit nun doch länger bleiben musste bzw. konnte, ging ich am sonnigen Samstag, dem 11. 04. 2020 spazieren mit meinen Zetteln an Kleidung und Rad.
Wie jeden Tag bewege ich mich in freier Weise und nutze jeden Gang als Möglichkeit der Einzelkundgebung nebenher.
Zuerst warf ich ein Beiblatt meines bereits erwähnten Klageverfahrens im Schweriner Verwaltungsgericht ein und später gelangte ich auf den Marktplatz, wo viele Polizeiautos standen. Neben den Polizist*innen, die ruhig in Zweier- und Dreiergrüppchen herumstanden, fielen mir einige Menschen auf, die ebenfalls sichtbar einige meter voneinander getrennt dastanden und von denen einige Schilder am Hals trugen. 
Darauf standen sachen wie "Versammlungsfreiheit Artikel 8 des deutschen Grundgesetzes (GG)" oder "Grundrechtseinschränkungen sind verfassungswidrig!"

Aus sicherer Distanz sprach ich die Leute an, fragte, ob ich mich mit ihnen unterhalten dürfte.
Ja, man tauschte auch Zettel aus - ich bat, alles auf den Boden zu legen.
Ein Polizist wurde gefragt, ob er mit die Zettel reichen würde, der wollte aber auch nicht verständlicherweise.

Wir sprachen dann über vieles, die Klagen von Anwälten wie einer, die jetzt vom Staatsschutz zur Gefahr erklärt wurde, aber auch die umgekehrten Respektlosigkeiten, in denen Leute angespuckt oder anmacht werden, weil sie einfach nur ihren Sicherheitsabstand halten möchten. Die Chancen so einer Krise für die Umwelt und die Gesellschaft (abgesehen davon, dass es traurig ist, wenn Menschen an so einer Krankheit wie Covid-19 sterben oder auch an anderen Folgen wie den Maßnahmen selber).

Als ich mehrfach im Gespräch betonte, aus Berlin zu sein und bereits höhere Stellen über meine Aufenthaltssituation informiert zu haben, bat man mich seitens der Polizei um meinen Ausweis (gut, dass ich den Reisepass eingesteckt hatte, sogar die Meldebescheinigung hatte ich dabei) und legte den auf den Boden um mich dann zwei Meter zu entfernen.

Die Polizisten notierten alles und sagten sehr höflich,dass ich ja von ihnen hören würde, und legten ihn dann wieder zurück. 
Klasse, wie sie auf die Abstandsregeln mir gegenüber achteten und wie ruhig sie waren - das muss ganz anders gewesen sein als in Berlin, wo es heute wohl gerade Verhaftungen und Platzverweise gegeben haben soll laut Augenzeugen, die mich anriefen.


Gesellschaft "spiegeln", Absurditäten aufzeigen, auf Grundrechte verweisen, Existenzfragen und Grundsatzfragen untersuchen - Lösungen finden unbürokratisch für den Mitmenschen - sehr bürokratisch Bürokratie zurückspiegeln dahin, von wo sie (mitunter sehr gewaltsam) daherkommt - das ist mein Job - in Mecklenburg, in Berlin, auf der Welt. 




Erfolge:

Bayern: es durfte eine Demo stattfinden schon am Gründonnerstag - weil sie sich a) an die Auflagen hielt, Abstand zu halten und b) weil nur "jetzt Sinn macht, gegen pauschale Versammlungsverbote zu demonstrieren" (und nicht hinterher ;-) ) 

Ein Ostermarsch umgewandelt in eine kleine Kundgebung an festem Ort und eine Petitionsübergabe zur Rettung Geflüchteter konnten in Schwerin abgehalten werden Ostermontag/Dienstag nach Ostern.


"Projektwerkstatt Saasen" erstreitet in Hessen gerichtlich das Recht auf Versammlungen (am Beispiel einer Verkehrswendeaktion, bei der die Menschen ohnehin weit mehr als die 1,5m Sicherheitsabstand einhielten...
http://www.projektwerkstatt.de/index.php?p=21073&fbclid=IwAR2yviVwz8tjnPMmUQo39yLc-7TJQtHrET_3gLtHSx2k2D-28BLFdLlK3zg
inzwischen wird da wieder eifrig demonstriert, nicht nur für die Verkehrswende

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